Fotos von W. Mülder
Video von F. Gausmann
Die Glocken der ev. Lukaskirche Altenbochum-Laer und ihre Läuteordnung
Das 125jährige Jubiläum der Lukaskirche 2024 bot Anlass, sich genauer mit den Glocken der Kirche zu beschäftigen, immerhin lieferten sie als erhaltene Originalausstattung einen der Inhalte, die 1992 zum Denkmalschutz für die Kirche führten. Bisher ging man davon aus, dass die Glocken 1899 für die Lukaskirche gegossen worden sind. Doch stimmt das? Sicher ist, dass alle drei Glocken vom Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation als Gussstahlglocken hergestellt wurden.
Pfarrer Niederstein und das Presbyterium bemühten sich bereits in der Bauphase der Kirche ab 1898 um ein Geläut. Der erste der drei erhaltenen Kostenvoranschläge des Bochumer Vereins datiert vom 8. Dezember 1898. Bei den späteren Vorschlägen aus 1899 drehte es sich immer um eine offensichtlich zur Verfügung stehende Summe von etwa 6000 Mark. Im Schriftverkehr zwischen dem Bochumer Verein und der Gemeinde taucht in einem Schreiben vom 4. März 1899 zum ersten Mal der Begriff „Lagerware“ auf. Und ja – das Presbyterium hatte sich für zwei auf Lager befindliche Glocken, heute die beiden kleinen Glocken im Turm, entschieden. Zu diesen sollte die große Glocke hinzugegossen werden. Der Zuguss gelang, die Glocken wurden vermutlich im Mai/Juni 1899 geliefert und sind sicher bereits zur Einweihung der Kirche am 4. September 1899 erklungen.
Besucht man die Glocken im Turm, so fallen die Unterschiede in der Gestaltung sofort ins Auge. Die große Glocke entspricht in der Zier dem Standard der Zeit um 1899, die beiden kleinen Glocken zeigen eine reichhaltige Zier, bestehend aus einem Weinlaubfries oben und einem Kreuzblütenfries unten. Das ist selten, aber für die Gusszeit nicht unüblich. Auf beiden Glocken ist keine Jahreszahl des Gusses zu finden. Der Bochumer Verein hat als Industrieunternehmen seine Gussstücke aber mit Seriennummern versehen. Anhand dieser Gussnummern können die beiden kleinen Glocken der Lukaskirche eindeutig ins Jahr 1871 datiert werden. Somit hat die Kirche nicht nur die älteste, erhaltene Orgel Bochums, sondern auch, abgesehen von einer kleinen Glocke in Wattenscheid-Höntrop von 1860, die ältesten im Betrieb befindlichen Stahlglocken der Stadt. Gleichwohl sind sie, die stark unterschiedlichen Gussnummern weisen es nach, nicht zusammen gegossen worden, sondern vermutlich Einzelstücke.
Leider sind alle drei Glocken auf der nach Osten zeigenden Seite – zum Altenbochumer Bogen hin – stark verwittert. Vielleicht ist dies durch Luftverschmutzung durch die Zeche Dannenbaum oder durch Feuchtigkeitseintritt nach den Zerstörungen des zweiten Weltkriegs so stark geschehen. Siehe dazu die Einzelbeschreibungen der Glocken.
Die große Glocke wurde 1899 von Heinrich Munscheid aus Altenbochum gestiftet, er gab 1500 Mark für den Guss, vielleicht die größte Einzelspende für die Kirche während des Kirchbaus. Die Glocken der Lukaskirche läuten seit über 125 Jahren. Was könnten sie alles erzählen, was haben sie alles beläuten dürfen und müssen. Friede war ihr erst Geläut 1899 (nach Friedrich Schiller), Friede soll ihr Geläut heute und auch in Zukunft immer bedeuten!
Beschreibung der Glocken
Kleine Glocke – Glocke des Auftrags
Gegossen 1871, Gussnummer 1459. Durchmesser 1178 mm, Gewicht ~750 kg. Schlagton fis‘
Sie trägt die Inschrift: Machet die Thore weit, und die Thüren in der Welt hoch, dass der König der Ehre einziehe. Psalm 24,7.
Die Inschrift bedeutet nicht nur Advent und schon gar nicht Lebkuchenzeit, sondern einen Auftrag für die Gemeinde und jeden Einzelnen. Wenn die Glocke zum Mittagsgebet ruft, sind wir eingeladen innezuhalten, eine Pause einzulegen, ein Gebet zu sprechen oder vielleicht zu bedenken, ob und wo wir in unserem Alltagshandeln den Weg für Christus bereiten können: durch Diakonie, durch eine gute Tat, durch ein offenes Herz, durch gute Gedanken, ein freundliches Wort oder vielleicht auch nur durch ein Lächeln.
Mittlere Glocke – Glocke der Erinnerung
Gegossen 1871, Gussnummer 1383, Durchmesser 1260 mm, Gewicht ~850 kg. Schlagton e‘
Die Inschrift dieser Glocke ist durch Verwitterung und Rost nicht mehr lesbar. Zwei Varianten beschreiben die Inschrift der Glocke. In der bisherigen Literatur zur Lukaskirche ist zu lesen: „Land, Land, höre des Herrn Wort! Jeremia 22, 29.“ Im Schriftverkehr mit dem Bochumer Verein wird genannt: „Heilig, Heilig, Heilig ist der Herr Zebaoth und alle Landen sind seiner Ehre voll. Jesaja 6,3.“ Aufgrund der erkennbaren Reste der Inschrift ist der zweiten Variante der Vorzug zu geben. Auf der Gegenseite steht, gut lesbar, schlicht das Wort Bochum.
Die nicht mehr lesbare Inschrift ruft uns auch beim abendlichen Betläuten der Glocke auf, an Vergangenes zu denken, an liebe Menschen, die uns begleitet haben, an Schwere Zeiten, ja sogar Kriege, die durchlitten wurden. Vielfältige, gute und schwere Erinnerung klingt immer wieder durch unser Leben – und ist doch nicht mehr exakt fassbar.
Große Glocke – Glocke der Gemeinde
Gegossen 1899, Gussnummer 8921, Durchmesser 1574 mm, Gewicht ~1600 kg. Schlagton cis‘.
Die Hauptinschrift der Glocke lautet: EHRE SEI GOTT IN DER HÖHE UND FRIEDE AUF ERDEN
Auf der Gegenseite findet sich die Stifterinschrift: GESTIFTET VON (nicht lesbares Wort) HEINRICH MUNSCHEID.
Oben am Hals der Gießervermerk, schwer lesbar: GEGOSS. V. BOCHUMER VEREIN I. BOCHUM 1899
Warum Gemeindeglocke? Die große Glocke ist Sonntags-, Fest- und Totenglocke zugleich. Sie hat seit 1899 jede Konfirmation bejubelt, den Tod unzähliger Gemeindeglieder verkündet und vermutlich zu jedem Sonntagsgottesdienst geläutet. Wenn wir die Hauptinschrift mit dem ersten der 10 Gebote verknüpfen, wird Gemeindeauftrag auch heute deutlich: Gott durch Gottesdienst und Gebet die Ehre zu geben und durch Nächstenliebe Frieden zu stiften. Wo die Liebe ist, da ist Friede!
Die Läuteordnung der Lukaskirche
Kirchenglocken sind Musikinstrumente und die akustische Visitenkarte der Gemeinde in die Welt. Daher ist ein sinnvoller und geordneter Gebrauch der Glocken angezeigt. Glocken werden von allen Menschen im Stadtviertel gehört, unabhängig davon, welcher Konfession oder Religion sie angehören, ob sie religiös gebunden oder religionsfern sind. Läuteordnungen haben an der Lukaskirche Tradition von Anfang an, leider ist dem Glockenläuten in den letzten Jahren aber weniger Beachtung geschenkt worden. Daher hat das Presbyterium eine Neuordnung beschlossen. Die neue Läuteordnung tritt zum 1. Advent 2025 in Kraft. Ältere, vergessene Traditionen werden neu belebt, und – so Gott will – neue Traditionen begründet.
Montag – Samstag, 12 Uhr: Betläuten, 3 Minuten, Die kleine Glocke lädt ein zum Mittagsgebet.
Montag – Freitag, 19 Uhr: Abendläuten, 3 Minuten. Die mittlere Glocke läutet zum Abendgebet.
Freitag, 15 Uhr (Außer an Feiertagen), 4 Minuten: Totengedenken zur Todesstunde Jesu. Die große Glocke läutet zum Gedenken an die Verstorbenen der Gemeinde.
Samstag, 19 Uhr, 5 Minuten: Ankündigung des Sonntags mit allen drei Glocken
Sonntag zum Gottesdienst, 10 Uhr, 11 Uhr oder 17 Uhr: Vorläuten 30 Minuten für 5 Minuten vor Beginn mit der mittleren Glocke, 10 Minuten vor Beginn mit allen drei Glocken für 8 Minuten
Besondere Zeiten
Passionszeit: Sonntags: 10 Minuten vor dem Gottesdienst nur die beiden großen Glocken für 8 Minuten
Karfreitag: 10 Minuten vor dem Gottesdienst nur die große Glocke für 8 Minuten
Karsamstag: Kein Geläut
Ostersonntag: 9 Uhr festliches Geläut aller Glocken für 10 Minuten
Advent: 10 Minuten vor Beginn des Gottesdienstes nur kleine und große Glocke für 8 Minuten
Feiertage (Weihnachten, Neujahr, Epiphanias (wenn Sonntag), Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Trinitatis, Reformationsfest, Konfirmation, Jubelkonfirmation): Ankündigung am Vorabend (außer Ostern und Weihnachten) um 19 Uhr mit allen drei Glocken für 5 Minuten; Vorläuten 30 Minuten vor Beginn des Gottesdienstes mit allen drei Glocken für 5 Minuten; 10 Minuten vor Beginn mit allen drei Glocken für 10 Minuten
Konzerte mit geistlichem Charakter: 10 Minuten vor Beginn mit den beiden kleineren Glocken für 8 Minuten
Kasualien (z. B. Hochzeiten): 10 Minuten vor Beginn mi allen drei Glocken für 8 Minuten
Herausgegeben zum 1. Advent 2025 vom Presbyterium der ev. Kirchengemeinde Altenbochum-Laer. Text: Winfried Mülder.